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Ausstellung Körnerpark: Das Leben ist anderswo

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Oreet Ashery (IL/GB), Mariana Castillo Deball (MX/DE), Chan Sook Choi (KR/DE), Kaspars Goba (LV), Nilbar Güres (TR), Bodil Furu (NO), Mathilde ter Heijne (NL/DE), J&K (Janne Schäfer, DE; Kristine Agergaard, DK), Nadin Reschke (DE), Maya Schweizer (FR/DE)

Die Ausstellung nimmt das 275-jährige Bestehen des Böhmischen Dorfes in Berlin zum Anlass, über die Potenziale von kultureller und religiöser Vielfalt für die Zukunft der Einwanderungs¬gesellschaft zu sprechen. Eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Produktivität kultureller Pluralität ist die Wahrung des Menschenrechts der Glaubens- und Gewissensfreiheit. In ihren Installationen, Fotografien und Videos beschäftigen sich die Künstlerinnen und Künstler auf sehr unterschiedliche Weise kritisch mit den Themen Glauben, Diversität und Toleranz/Intoleranz.

Der Ausstellungstitel „Das Leben ist anderswo“ bezieht sich auf einen Roman von Milan Kundera, den er 1969/70 schrieb, nachdem der Prager Frühling und die damit verbundene kulturelle Freiheit durch den Einmarsch sowjetischer Truppen beendet worden war. Die Hoffnung auf ein besseres Leben anderswo ist ein Thema globaler Migration, aber gleichzeitig steht der Titel für die Sehnsucht des Einzelnen nach persönlicher Freiheit und Entfaltung. In der Ausstellung kreuzen sich deshalb verschiedene Themenstränge:

Zum einen geht es um den Zusammenhang zwischen Glaubens- und Gewissensfragen und kultureller Identität. Arbeiten von Bodil Furu und Maya Schweizer dokumentieren die Auseinandersetzung von Menschen mit der Frage, wie sie ihr Leben „richtig“ gestalten und wie sie sich in die multi-kulturelle Gesellschaft einbringen können. In Chan Sook Chois Installation „ForGottEn“ kommt das Wechselspiel von Glauben und Erinnerung zur Sprache. Künstlerinnen wie Oreet Ashery und Nilbar Güres reflektieren mit ihren Interventionen auf humorvolle und Tabu brechende Weise die Schnittpunkte zwischen Geschlechterrollen, Ethnizität und Religionszugehörigkeit.

Zum anderen macht die Ausstellung deutlich, dass Diversität ein zerbrechliches Gebilde ist, das eines Schutzraumes bedarf und permanent Gefahr läuft, neutralisiert oder zerstört zu werden. Dem Recht auf kulturelle Differenz widmet sich Kaspars Goba in seinen Videos über Randgruppen in Lettland. Gelebte Toleranz vermittelt das partizipatorisches Reiseprojekt „So weit so gut“ von Nadin Reschke, für das sie in 14 Ländern entlang der Seidenstraße mit einem Zelt unterwegs war, das an den verschiedenen Orten beim Gespräch über kulturelle Unterschiede, individuelle Überzeugungen und alltägliche Dinge gemeinsam bestickt wurde. Wie hingegen Intoleranz und Ignoranz kulturellen Reichtum zum Verstummen bringen, thematisiert die diesjährige documenta Teilnehmerin Mariana Castillo Deball mit ihrem Film „The Where I Am Is Vanishing“, in dem sie die jahrhundertelange leidvolle Odyssee des Codex Borgia erzählt, einer aztekischen Ritual-Handschrift, die die Bücherverbrennung der spanischen Inquisition bei der Kolonialisierung Mexikos überlebte.

In einem weiteren Bereich der Ausstellung schlagen Künstlerinnen alternative Realitäten vor und stellen humorvoll Macht- und Universalitätsansprüche in Frage. J&K erfinden einen altarartigen Ort der Verehrung, der ihre subjektive Erforschung verschiedener spiritueller Formen in Performances und Inszenierungen visualisiert. Beinahe schamlos kombinieren sie Rituale und Symbole verschiedener Religionen und Kulturen zu hybriden Gebilden und hinterfragen so auf spielerische Weise den Wahrheitsanspruch von Glaubenssystemen. Mit ähnlicher Intention lädt die interaktive Skulptur „Give It Back To Where It Came From“ von Mathilde ter Heijne die Besucher ein, eine Umkehrzauberkerze anzuzünden, und zu den vorhandenen Kerzen zu stellen, die mit Worten wie Hierarchie, Eigentum, Kolonialismus, Patriarchat, Misshandlung, Armut, Kontrolle beschriftet sind. Beim Brennen der Kerze schmilzt die äußere schwarze Schicht und wird von dem inneren roten Wachs überdeckt, ein Bild für die Befreiung von äußeren Zwängen, das Aufbrechen verhärteter Strukturen und das Überdenken eingefahrener Sichtweisen.

Mit dieser Ausstellung beteiligt sich der Bereich Kultur des Bezirksamts Neukölln an dem umfangreichen Veranstaltungsprogramm „Glaubensfreiheit“, das aus dem Böhmischen Dorf heraus entwickelt und getragen wird. Zugleich stellt sich die Ausstellung dem Motto des Kulturfestivals 48 Stunden Neukölln: Endstation Paradies.

GALERIE IM KÖRNERPARK
Schierker Straße 8, 12051 Berlin, Di – So: 10-20 Uhr
Ausstellungsdauer: 5. Juni bis 22. Juli 2012

Der Körnerpark im Internet