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Zurab Sumbadze. EPHEMERIS - gezeichnetes Tagebuch

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Zurab Sumbadze, 1961 im georgischen Tbilissi geboren, studierte an der dortigen Staatlichen Kunstakademie Grafik und Illustration. Dass dabei Kalligrafie eine nicht unwichtige Rolle spielte, ist an seinem Bilder-Tagebuch aus dem Jahre 2002 unschwer zu erkennen. “Ephemeris”, der Ausstellungstitel, bezieht sich auf das griechische ephemer und bedeutet: für einen Tag, weist hier auf das Flüchtige eines jeden Tages im schnellen Jahreslaufe hin. In Georgisch und Englisch sind in fast festlich anmutenden, weit ausschweifenden und schwingenden Buchstaben die mit Feder oder/und Tusche gezeichneten und oft mit Aquarell kolorierten Ereignisse des jeweiligen Tages knapp erläutert. Die logische Folge ergibt sich aus dem jeweiligen Datum. Zurab Sumbadze illustriert sein Leben in 266 A3-Blättern, die wie bunte Schmetterlinge durch die Galerie im Körnerpark schweben. Sie muten an wie bunte Wimmelbilder, ihre scheinbare Naivität lässt sich bei genauerer Betrachtung auf in hintersinnige, präzis beobachtende, manchmal auch bösartig kommentierende Reflexionen.

Der Künstler teilt uns mit, was im Laufe des Tages geschah, Privates und Politisches, scheinbar Belangloses und ganz Bedeutungsschweres. Realität vermischt sich mit Träumen. Ideen und Einfälle werden notiert, Ereignisse und Gehörtes auf originelle und ganz eigene Art und Weise verbunden. Auffallend wichtig ist seine Familie. Immer wieder tauchen Porträts seiner Frau und der beiden Töchter auf: Ein Beispiel für seine Arbeitsweise: Am 17.03. fiebert seine Tochter Daria. Hinter ihr ist der ausgetrocknete Aralsee zu sehen. Die Zeichnung verknüpft zwei völlig verschiedene Aussagen und Ebenen dieses konkreten Tages: Der Arzt hatte gesagt, dass Darias Körper viel Wasser benötige, sie viel trinken müsse. In den Nachrichten hörte Sumbadze, dass der Aralsee fast ausgetrocknet sei. Nebenbei erfährt man noch, dass er heute nicht arbeiten konnte.

Die kontinuierlichen Bemühungen, den täglich für ihn wichtigen Dingen zeichnerisch Form zu verleihen, nennt Sumbadze seine “Jagd auf Bilder”. Ein Lebensjahr ist zum Bild geworden. Ganz bewusst öffnet er sich seinen Mitmenschen. Er möchte die ewige Frage danach beantworten, wie ein Künstler lebt. Zugleich geht er auf Distanz zu sich selbst, betrachtet sein Leben wie ein Fremder: Was ist geschehen? Was hat Gewicht? Was bleibt?

Das Jahr ist zum Bild geworden. Sumbadze liebt die Reflektion. Am Ende der Arbeit zählt er zusammen, dass er 32 Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, 14 Städte und Orte gezeichnet und 11 Künstler zeichnerisch zitiert hat. Seine Erkenntnis, die aus dieser täglichen Art der Welt- und Selbstbetrachtung resultiert: Man lebt bewusster, es bleibt mehr, wenn man so mit seinem Leben umgeht. Der flüchtige Augenblick erlangt Dauer.

Der leidenschaftliche Illustrator liebt solche Bilderserien – zuvor entstanden schon 200 Skizzen aus 2000 Jahren Weltgeschichte oder “Gespräche mit Rembrandt”. Es fasziniert ihn, in einem begrenzten Zeitrahmen etwas zu schaffen und immer wieder die dargestellten Themen von den verschiedensten Seiten zu beleuchten.

GALERIE IM KÖRNERPARK, Schierker Straße 8, 12051, Tel. 030-90239-2876

Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag: 10 – 18 Uhr
Ausstellungsdauer: 17. JANUAR bis 22. FEBRUAR 2009

Körnerpark in Neukölln im Internet